Im Schuljahr 2023/2024 konnten drei Auszubildende des Nicolaus-August-Otto-Berufskollegs (NAOB) aus der Kfz-Mechatroniker-Oberstufe am Erasmus+(sprich „Erasmus Plus“)-Programm teilnehmen. Damit wird Auszubildenden die Möglichkeit gegeben, Erfahrungen im Ausland zu sammeln, indem für eine gewisse Zeit in handwerklichen Fachbetrieben im europäischen Ausland ein Praktikum absolviert wird. Unsere Schule, das NAOB, kooperiert seit 2016 mit einer in Girona (Spanien) ansässigen Berufsschule. Finanziert wird das Projekt von der Bezirksregierung. Die Auszubildenden erhalten für die Aufenthaltsdauer von drei Wochen gewisse Kosten erstattet.
Eine Wohnung mitten in der Stadt, direkt am Fluss, umgeben von kleinen Geschäften und Restaurants ist unser Domizil. Zur Arbeit gelangen wir mit dem Bus. Die Arbeitszeiten beginnen etwas später als in Deutschland und dauern dafür bis 18:00 Uhr. Das macht aber gar nichts, da sich das Leben in Spanien gerne in den späten Abendstunden abspielt.
Samstag war Anreisetag mit dem Flugzeug von Köln/Bonn und wir, die drei Auszubildenden vom NAOB landeten in Begleitung von zwei Lehrkräften in Barcelona. Von dort aus ging es dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu unserer Unterkunft inmitten des mittelalterlichen Girona, in dem mehrere Folgen der TV-Saga “Game of Thrones” gedreht wurde. Am Sonntag verbrachten wir unsere Zeit in Girona mit einer kleinen Stadtführung, welche von unserem Lehrer, der das Projekt seit 2016 betreut, gestaltet wurde.
Am ersten offiziellen Arbeitstag besuchten wir das kooperierende Berufskolleg Institut Montilivi in Girona. Dort haben wir uns erstmal um die bürokratischen Angelegenheiten gekümmert, Ansprechpartner der Schule kennengelernt, Versicherungen überprüft und Verträge unterschrieben. Im Anschluss wurden wir mit unserem Ansprechpartner vor Ort und unserer begleitenden Lehrerin in die drei aufnehmenden Betriebe eingeführt. Vor Ort wurde besprochen, wie alles ablaufen soll und wir haben unsere dortigen Ansprechpartner kennengelernt.
Am darauffolgenden Tag fuhren wir mit dem Bus zu unserer gemeinsamen Arbeitsstelle, die in ca. 15 Minuten zu erreichen war. Dort wurden wir jeweils einem festen Gesellen zugeteilt. Ich durfte mit dem Gesellen zusammenarbeiten, der vor Ort für die Instandsetzung von Hoch-Volt-Fahrzeugen zuständig ist. Die Kommunikation verlief erstmal ein wenig schleppend, jedoch wurde ich mit offenen Armen in meiner Abteilung empfangen und herzlich willkommen geheißen. Schon am ersten Abend wurde ich gefragt, ob ich nicht mit ein paar anderen Kollegen ins Fitnessstudio im Betrieb gehen möchte. An den darauffolgenden Abenden habe ich das gerne wahrgenommen und so auch in meiner Freizeit Kontakt zu den Mitarbeitern gehabt.
Neben dem Arbeiten haben wir unsere Zeit häufig zusammen verbracht und waren oft in der Stadt unterwegs, gemeinsam Abendessen oder Mitbringsel für unsere Familien besorgen. Aber es wurde auch gemeinsam gekocht und zusammen in der Unterkunft zu Abend gegessen; exakt so, wie man sich eben ein WG-Leben in einer kleinen Wohnung vorstellt.
Am ersten Wochenende besuchten wir zu dritt in Begleitung von einem Arbeitskollegen Barcelona und hatten dort einen angenehmen Aufenthalt. Dank des Kollegen wurden wir vor Ort auch nicht zu den touristischen Highlights geführt, sondern eher dorthin, wo die Einheimischen ihre Zeit verbringen.
In der zweiten Woche öffnete ich zusammen mit meinem zugewiesenen Kollegen eine Hoch-Volt-Batterie, die wir zuvor aus dem Fahrzeug ausbauen mussten. Das war das erste Mal, dass ich eine solche Arbeit verrichtet habe, und es war durchaus spannend, das zu erleben in einem sowieso schon fremden Umfeld. Aber auch hier hatte ich wie bei jeglichen Aufgaben zuvor und danach das Gefühl, immer blindes Vertrauen von meinen Kollegen vor Ort genießen zu dürfen.
An einem anderen Tag verabredeten wir Teilnehmer des Erasmus+-Programms uns mit meinen Kollegen zum „Paddle“-Spielen. Das war für uns drei der erste Berührungspunkt mit dieser Sportart. Auch hier hatten wir zusammen mit den Kollegen eine ganze Menge Spaß und haben Kontakte zu Mitarbeitern des Unternehmens aus anderen Bereichen geknüpft. Am zweiten Wochenende verbrachten wir unsere Freizeit damit, erneut nach Barcelona zu reisen und uns diesmal auch die touristischen Orte der Stadt anzusehen wie z.B. die Kathedrale von Barcelona. Am Sonntag machten wir noch einen Ausflug ans Meer in Saint Feliu.
Die letzte Woche verlief bis zum Freitagabend eher ruhig: Wir fuhren wie immer gemeinsam zur Arbeit, wir frühstückten gemeinsam und verbrachten auch meist unseren Feierabend zusammen in der Stadt. Bei der Arbeit durfte ich kleinere Reparaturen verrichten, ohne dabei kontrolliert zu werden. Es fasziniert mich auch nach drei Wochen noch, wie riesengroß das Vertrauen mir gegenüber war.
Zum Abschluss unserer Praktikumszeit haben wir dann einen Tisch in einem Restaurant reserviert, wo wir mit unseren Arbeitskolleg:innen und auch den anderen Bekanntschaften, die wir uns in der Zeit aufgebaut haben, zum Essen gingen. Wir konnten uns bei allen Verantwortlichen und Beteiligten für die wirklich schöne Zeit bedanken. Bei diesem Abendessen wurden wir dann auch von einigen Mitarbeitern zur diesjährigen Weihnachtsfeier im Dezember eingeladen. An diesem Abend konnte mein Mentor aus dem Betrieb leider nicht dabei sein, also musste ich mich von ihm schon auf der Arbeit verabschieden. Ich überreichte ihm den von uns aus Deutschland mitgebrachten Honig als kleines Dankeschön für seine Bemühungen und wünschte ihm alles Gute. Da waren wir beide den Tränen nahe, weil es uns so berührte. Also haben wir den Abschied etwas beschleunigt, sonst wäre es zu emotional geworden. Von den anderen Arbeitskollegen verabschiedeten wir uns gemeinsam nach dem Abendessen, welches wir organisiert haben.
Wir haben bei unserem Auslandseinsatz eine Menge netter Menschen kennengelernt und wurden von wirklich jedem mit offenen Armen empfangen. Wir konnten alle zwar nicht im angemessenen Maße Spanisch sprechen (spricht dort in Katalonien aber sowieso keiner), aber die Verständigung fand in Englisch statt. Wir haben uns einen Wortschatz in Katalanisch angelegt, für unseren täglichen Umgang mit den Gastgebern.
Als Fazit kann ich nur sagen, dass es eine wirklich einzigartige Erfahrung war und ich wirklich dankbar bin für die gebotene Möglichkeit vom Erasmus+-Programm, diese Erfahrung machen zu dürfen. Zurück in Deutschland kam dann auch der erste Schultag nach dem Austausch mit zahlreichen Fragen unserer Mitschüler:innen. Einige hätten im Nachhinein auch gerne diese Erfahrung gemacht. Jedoch waren die meisten Fragen bezogen auf Kommunikationsprobleme und die alltäglichen Dinge, die sich im WG-Leben abspielen (beispielsweise Badezimmernutzung, einkaufen, kochen und den Weg zur Arbeit).
Rückblickend waren die Vorbereitungen der Lehrkräfte bezüglich der Sprache und auch das Sensibilisieren auf kulturelle und politische Themen vor Ort ein wirklicher Segen. Die Mitarbeiter in den Betrieben haben es wirklich zu schätzen gewusst, wenn man ihnen auf Katalanisch einen „Guten Morgen“ gewünscht hat, anstelle es in Englisch zu machen. Auch diesbezüglich hat sich mein betreuender Geselle größte Mühe gegeben und sich gefreut, wenn ich Sachen behalten habe (auf die Sprache bezogen), wie zum Beispiel ein „Schönes Wochenende“ wünschen zu können, oder zum Mittagessen „Guten Appetit“ und solche Kleinigkeiten.